Kein Pirschzeichen am Anschuss…
…weder Schnitthaar noch Schweiss oder Eingriffe waren zu sehen. Der Schütze war sich aber sicher, den auf 80 kg + geschätzten Keiler auf gut 40 Meter nicht gefehlt zu haben. So hat er sich entschlossen, am selben Abend noch die Nachsuchenstation zu informieren.
Fex startete mit Falko die Nachsuche an der gut belaufenen Kirrung am folgenden Morgen um 8.30 Uhr. Falko zeigte wenig Engagement, normalerweise ein Zeichen, dass keine Krankfährte vorliegt. Irgendwann ging es aber dann doch los, und ich folgte dem Hund, der abwechselnd mit tiefer und mit hoher Nase – eigentlich ein schlechtes Zeichen – suchte. Mir war das nicht geheuer, nach 1 km brach ich ab und setzte ihn nochmals am Anschuss an. Nun schlug er die entgegengesetzte Richtung ein, lief einen Bogen, um dann wieder auf die zuerst gearbeitete Fährte zu gelangen. Da sich der Schütze sicher war, gut abgekommen zu sein und Falko wohl nicht seinen besten Tag hatte, rief ich Jörg zu Hilfe. Er hatte am Morgen ebenfalls eine Sau nachgesucht, die er nach 500 m Riemenarbeit und 50 m Harz zur Strecke bringen konnte.
So setzte er Emma eine Stunde später am Anschuss an, und der Hund arbeitete nach längerer Vorsuche die von Falko zuerst angenommene Fährte. Nur 200 m nach unserer Abbruchstelle verwies Emma dann etwas Schweiss! Der Hund lag sicher im Riemen, und so liefen wir ohne jede Bestätigung Kilometer um Kilometer, von Dickung zu Dickung, bis wir schliesslich am Waldrand ankamen. Hier hatte Emma sichtlich Mühe, die Fährte zu halten – nach einer gefühlten Ewigkeit zog sie aber quer ins Feld und siehe da, im nassen Acker fanden sich erstmals die Trittsiegel einer starken Sau. Es war eindeutig zu sehen, dass die Sau einen Lauf schonte – wir waren also auf der richtigen Fährte! Nun aber ging es erst richtig los – vorbei am Schilf bei Kilometer 7, über einen Bach, dann wieder endlos tiefe und nasse Ackerflächen, der Dreck klebte kiloschwer an unseren Stiefel. Und immer weiter übers offene Land… eine Situation, die für den Nachsuchenführer schon etwas Deprimierendes hat, aber da waren eben die deutlichen Spuren…
Ein Erdbeerfeld bei Kilometer 9, immer weiter geht es, durch Streuobstwiesen, in denen sich die Spur mehrmals verlor. Emma suchte fleissig und ruhig, immer wieder holte sie sich durch Zurückgreifen die richtige Fährte. Bei Kilometer 11 wurde es kritisch, war doch eine stark befahrene Strasse im Weg. Emma suchte jetzt deutlich langsamer, sie hatte auf der Wiese Schwerstarbeit zu verrichten. Wir nutzen die Gelegenheit und nahmen Proviant auf, den uns das Begleitfahrzeug brachte. Zweimal mussten wir die Strasse kreuzen, eine Brombeerdickung nährte die Hoffnung auf ein Ende, aber nein… wieder zurück über die Strasse, nochmaliges langsames und zähes Arbeiten. Wo ist die Sau über die Straße gewechselt? An dieser Stelle benötigten wir fast eine Stunde, direkt am dichten Autoverkehr, bis Emma schliesslich die Fährte wieder ausbuchstabiert hatte. Wieder ein nasser Acker, aber dann die Trittsiegel, wir waren richtig! Es ging runter zum Bach, am Bach entlang, vor und zurück, wieder Trittsiegel im weichen Boden, dann eine Wiese… nun sah man Emma an, dass ihre Kräfte zur Neige gingen. 14 Kilometer teils schwierigste Nasenarbeit in wechselndem Gelände hatten ihren Tribut gefordert – solange der Hund will und der Führer kann oder auch umgekehrt lautet die Devise…
Wir beschlossen an dieser Stelle abzubrechen und so riefen wir unser Begleitfahrzeug, um uns abzuholen – 13,8 km und über 6 Stunden hatten wir bis jetzt auf dem Tacho. Aber morgen ist auch noch ein Tag, und wir werden exakt an diesem Punkt nochmals ansetzen – für Wild und Jäger und solange der Hund will und der Führer kann oder auch umgekehrt…
Der nächste Tag…
Nachdem wir den Fährtenverlauf und die Gesamtsituation nochmals analysiert haben, sind wir zu dem Entschluss gekommen, die Suche endgültig abzubrechen. Nahezu kein Schweiss, kein Wundbett, vor allem aber die räumliche Situation, die ein Schnallen unmöglich macht… was letztlich bleibt, ist ein ungutes Gefühl und die Frage, ob die Sau den Schuss ausheilen kann oder nicht. Aber auch das gehört dazu. Man kann nicht immer gewinnen…